Die Umstrukturierung der „Identitären Bewegung Österreich“ als Nebelgranate

Am 11. Juni will die „Identitäre Bewegung“ in Wien versuchen zu demonstrieren und schon seit Wochen werben die Aktivist*innen auf allen möglichen Kanälen für dieses Ereignis. Nur eine Person trat hierbei noch nicht in Erscheinung: Alexander Markovics.

Der unfreiwillig komische Redner, der bei diversen Auftritten immer mehr wirkte wie ein Roboter, den die „Identitären“ mit drei Sätzen programmiert hatten, als ein wirklicher Mensch.

Nachdem Markovics neben Martin Sellner von Beginn an eines der in den Medien präsentesten Gesichter der „Identitären Bewegung Österreich“ war und dieser noch bis vor wenigen Monaten vorstand, ist es im letzten Jahr sehr still um ihn geworden. Markovics partizipierte kaum mehr an größeren Aktionen und es schien, als hätte sich sein Aktionismus ab 2015 letztlich darauf beschränkt, Content für die Webseiten „identitäre-generation.info“ und „iboesterreich.at“ zu erstellen.

Im Frühjahr 2016 erfolgt dann die interne Umstrukturierung der „Identitären Bewegung Österreich“. Martin Sellner, ehemals Sprecher der „Identitären Bewegung Wien“, wurde zum Sprecher der „Identitären Bewegung Österreich“. Zusammen mit Patrick Lenart, der zuvor den Gruppen in der Steiermark vorstand und der zusammen mit Sellner zudem den Versandhandel „Phalanx Europa“ betreibt. Die Nachfolge von Martin Sellner in Wien übernahm Philipp Huemer, dessen erster medienwirksamer Auftritt in neuer Position erst kürzlich im Mobi-Video der „Identitären“ zum 11.Juni-Demo erfolgte und der zuvor in einigen öffentlichen Berichten über die „Identitäre Bewegung“ von Sellner als Kader eingeführt worden war. Darüberhinaus war Huemer als einer von 7 Kadern der „Identitären“ an einem Angriff auf Antifaschist*innen im Februar in Graz beteiligt.

Alexander Markovics wurde im Zuge dieser Restrukturierung zum Sprecher der „AG Theorie“ berufen, die er, Angaben auf der Webseite folgend, bereits seit 2015 leitet. Was der Sinn und Zweck dieser „AG“ ist und ob die „AG“ neben Markovics überhaupt weitere Aktivist*innen umfasst, ist äußerst fraglich. Der Schluss lag nahe: Markovics wurde degradiert.

Diese Hypothese erscheint auf den ersten Blick äußerst sinnvoll. Markovics brillierte nie durch seinen Umgang mit den Medien und tat sich ebenfalls nie durch sonderlichen Aktionismus hervor. Was dieser Schluss aber übersieht, ist ein anderes Betätigungsfeld von Alexander Markovics für die „Identitären Bewegung“, dass bislang nicht im Fokus öffentlicher Kritik stand: Seine Auslandskontakte und die Verbindung zur FPÖ über seine Mitgliedschaft bei der deutschnationalen Burschenschaft Olympia.

Durch seine Beschäftigung mit dem russischen Faschisten und reaktionärem Theoretiker Alexander Dugin zog Markovics das Interesse allerlei eurasischer und in Europa tätiger pro-russischer Organisationen auf sich. Bereits im September 2015 fungierte Markovics erstmalig für den russischen Propaganda Kanal „RT Deutsch“ als „Experte“ in einer Sendung zum Thema „Flüchtlingskrise oder Völkerwanderung? Kritische Stimmen häufen sich“. Zur Bundespräsidentenwahl 2016 in Österreich folgte ein weiteres Interview.

Obwohl Markovics schon im April 2015 ein ausführliches Interview mit Dugin für „identitäre-generation.info“ geführt hatte und das Gros seiner Beiträge sich zu diesem Zeitpunkt den Theorien Dugins widmete, blieb die sich anbahnende Kontaktaufnahme von Kadern der „Identitären Bewegung“ zu eurasisches Aktivist*innen weitestgehend unbeachtet. Wahrscheinlich auch deswegen, weil Markovics durch seinen Redebeitrag im ORF-Bürgerforum im November 2015 andersartig mediale Öffentlichkeit auf seine Person bündelte, die exzellent davon ablenkte, dass sein eigentliches Interesse woanders liegt.

Im Jänner 2016, wenige Tage nachdem Markovics sich als Besucher des „Wiener Akademiker Balls“ 2016 in Begleitung des Auslandsbeauftragten der Jobbik-Jugend hatte ablichten lassen, betätigte er sich als Experte in einem Interview mit Patrick Poppel für das in Wien ansässige „Suworow Institute“.

Markovics als Experte bei RT

Markovics als Experte bei RT

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Alexander Markovics (Mitte) am Akademikerball 2016 mit dem Auslandsbeauftragten der Jobbik-Jugend Szabolcs Szalay (rechts)

Markovics Kontakt zu dieser Organisation sollte sich jedoch nicht allein in diesem Interview erschöpfen. Am 12. Februar 2016 hielt er für das „Suworow Institut“ in Wien eine Vorlesung über die „Identitäre Bewegung“. Die Veranstaltung bekam prominenten Besuch: Jurij Kofner, maßgeblicher Kopf hinter dem „Center For Continental Cooperation“, einem interkontinental bis in höchste politische Kreise extrem gut verknüpfen und finanziell gut aufgestellten Thinktank mit Sitz in Moskau und München, über dessen suspekte Netzwerke derStandard jüngst ausführlich berichtete.

Dass Kofner auf der Veranstaltung in Wien auftauchte ist keinesfalls dem Zufall geschuldet. Schon im Oktober 2015 hatte dieser Martin Sellner auf der Compact Konferenz in Berlin kennengelernt und interviewt. Wenige Monate später kam es zum nächsten persönlichen Kontakt von Kofner zu einem Kader der „Identitären Bewegung“, nämlich im Dezember 2015 mit Maximilian Dvorak-Stocker, der an der „Greater Europe Conferenz“ in Moskau teilnahm und seit diesen Tagen als festes Mitglied zu Kofners obig genanntem Thinktank gehört. Neben seinen Identitären Freunden ist es aber gewiss auch Poppel, ebenfalls Mitglied des Thinktanks, der Kofner nach Wien gelockt hat.

Martin Sellner und Yurji Kofner bei der Compact Konferenz 2015

Bildschirmfoto vom 2016-06-16 00:10:41

Anders als Patrick Poppel und Jurij Kofner, die beide äußerst gern und öffentlich über ihre Zusammenarbeit mit Aktivisten der „Identitären Bewegung“ berichten, findet sich in den Publikationsorganen der „Identitären“ nämlich nichts dazu.

Dass Alexander Markovics degradiert wurde, ist im Angesicht der obig dargestellten Tätigkeiten also äußert fragwürdig. Vielmehr scheint er wegen gerade dieser Aktivitäten aus der ersten Reihe abgezogen, damit seine Kontakte zu diesen Kreisen nicht allzu schnell in den Fokus medialer Öffentlichkeit gelangen. Hierfür spricht auch, dass neben Alexander Markovics Maximilian Dvorak-Stocker der zweite Aktivist ist, der gleichartige Kontakte pflegt.

Obwohl Dvorak-Stocker und familiärer Anhang in Form von Vater Stocker, Inhaber des Leopold Stocker Verlags und des rechtsextremen Ares Verlags, und Freundin Bernadette Conrads immer in vorderster Reihe der „Identitären Bewegung“ standen und allein wegen des ihnen gehörenden Verlages enorme Bedeutung für die „Identitäre Bewegung“ besitzen, bekleidete der junge Dvorak-Stocker nie ein Amt in der Organisation.

stockerkonferenz

Max Dvorak-Stocker als Redner bei der Greater Europe Konferenz 2015 in Moskau

Max Dvorak-Stocker als Experte beim Center for Continental Cooperation (CCC)

Max Dvorak-Stocker als Experte beim Center for Continental Cooperation (CCC)

 

Es kann bezüglich der Umstrukturierung der „Identitären Bewegung“ eher der Umkehrschluss zur Beginn vorgestellten Hypothese der Degradierung gezogen werden: Die „Identitäre Bewegung“ hat über die Veränderung ihrer internen Strukturen Kader aus den vordersten Reihen des Aktivismus abgezogen, damit diese sich abseits medialer Aufmerksamkeit ihrer Kooperation mit eurasischen und anderen faschistischen Organisationen widmen können. Allen voran Alexander Markovics, der eben nicht herabgestuft wurde, sondern durch seine Funktion als Sprecher einer „AG Theorie“ sogar aufgewertet wurde in seiner Funktion als „Experte“ und Kontaktperson. Hierfür spricht auch, dass am 07.06.2016 unmittelbar vor der Demonstration in Wien ein ausführliches Interview von Markovics und Martin „Lichtmesz“ Semlitsch erschien.

Es liegt nahe, dass die „Identitäre Bewegung“ in Österreich aktuell versucht „Experten“, allen voran Markovics aufzubauen, die sich sowohl in ihrer Repräsentation als auch in der von ihnen in der Organisation eingenommen Funktion von den Aktivist*innen auf der Straße abgrenzen und auch einen weiteren Versuch darstellen, die eigene neofaschistische Ideologie hinter einer bürgerlichen Fassade zu tarnen.

Dass die „Identitären“ diese Umstrukturierungen nicht zuletzt auch aus Gründen des Selbstschutzes vorgenommen haben, scheint offensichtlich. Zu sehr offenbart der Kontakt und die Kooperation mit und zu russischen Faschist*innen und reaktionären Querfrontler*innen, wes Geistes Kind sie sind: International hervorragend vernetzte und tätige Faschist*innen.

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